Mitgliederentscheid um SPD-Landesvorsitz

Veröffentlicht am 21.11.2018 in Allgemein

Bis 18. November waren alle SPD-Mitglieder in Baden-Württemberg aufgerufen, sich für eine oder einen Landesvorsitzende/n zu entscheiden. Das Mitgliedervotum ging denkbar knapp aus. Nachdem bei der ersten Auszählung Lars Castellucci mit 20 (!) Stimmen (bei insgesamt knapp 19.000 abgegebenen Stimmen) vorne lag, wurde eine erneute Auszählung veranslasst. Danach liegt die Mitbewerberin Leni Breymaier mit 39 Stimmen vorne.

Hier eine Stellungnahme Leni Breymaiers vom 21.11.18 an die SPD-Mitglieder:

Liebe Genossinnen,
liebe Genossen,

das Mitgliedervotum hat ein für unsere SPD schwieriges Ergebnis gebracht. 

Ich hatte mir vom Votum der Mitglieder Klarheit gewünscht. Doch weder Lars Castellucci noch ich konnten mehr als 50 Prozent der Mitglieder erreichen. Das zeigt die Zerrissenheit der Partei. Mir ging es darum, für die Zukunft der ganzen Partei zu arbeiten. Die SPD liegt mir am Herzen. Die SPD wird gebraucht. 
Ich habe Lars Castellucci deshalb vorgeschlagen, dass wir gemeinsam dem Parteitag einen dritten Kandidaten oder eine dritte Kandidatin vorschlagen, eine Persönlichkeit, die die Partei einen und zusammenführen kann. Ich bin überzeugt, dass dies nicht Tage der Egoismen sein dürfen, sondern der gemeinsamen Verantwortung für die Zukunft der Partei.  

Ich werde am kommenden Samstag nicht mehr als Landesvorsitzende kandidieren.

Habt alle, einfach alle, die ihr mich die letzten beiden Jahre unterstützt und getragen habt, herzlichen Dank! Ich möchte diese Zeit nicht missen. Besonderen Dank an Luisa Boos,  die, trotz manchmal schwieriger Bedingungen, den Rücken gerade gehalten und sich für unsere SPD eingesetzt hat. Und dem Team in der Landesgeschäftsstelle und den Regionalzentren sage ich ein fettes Dankeschön - für alle Arbeit, bis hin zur Organisation des Mitgliedervotums. Dank an alle, die in  unserer SPD an ganz unterschiedlichen Stellen Verantwortung übernommen und aus ihrer Rolle heraus verantwortlich unterstützt haben.

Glück auf! 

Eure Leni

 

Es folgt eine persönliche Erklärung von Lars Castellucci vom 22.11.18 an die SPD-Mitglieder:

Liebe Genossinnen, liebe Genossen, 
 
ihr habt Euch in den letzten Wochen intensiv an einer Diskussion über die künftige Aufstellung der SPD beteiligt. Dabei ging es um inhaltliche, um organisatorische und auch um personelle Fragen. Vor sechs Wochen habe ich entschieden, Euch allen als Mitglieder ein Angebot zu machen, wie ich die SPD Baden-Württemberg als Landesvorsitzender aufstellen will.
 
Das Ergebnis Eurer demokratischen Entscheidung als Mitglieder stellt uns alle - und auch mich persönlich - vor eine große Herausforderung. Die hohe Beteiligung und die große Resonanz zeigen, dass es Leni Breymaier und mir gelungen ist, Unterschiede herauszuarbeiten und zur Wahl zu stellen, die jeweils in hohem Maße Rückhalt in der Partei gefunden haben. Wir haben aber auch Gemeinsamkeiten nach außen getragen, so dass vielen eine Wahl nicht leicht gefallen ist. Dass wir das vor allem in gegenseitigem Respekt getan haben und für etwas geworben haben statt gegen den oder die jeweils andere zu werben, macht mich dankbar.
 
Wir haben uns als SPD-Landesvorstand für den Weg der Mitgliederbefragung entschieden und damit einen zutiefst demokratischen Weg gewählt. Die vielen Stimmen der Mitglieder sollen dabei eine größtmögliche Legitimation gewährleisten und sie haben ein Ergebnis mit hauchdünnem Stimmenvorsprung hervorgebracht. Leni Breymaier hätte mit diesem Vorsprung den berechtigten Anspruch gehabt, als Landesvorsitzende eine Nominierung durch den SPD-Landesvorstand einzufordern und auf dem Landesparteitag anzutreten. Ich hätte in diesem Fall auf eine Kandidatur verzichtet und Leni Breymaier offen unterstützt. 
 
Ich respektiere Lenis Entscheidung, auf eine Kandidatur zu verzichten, auch wenn ich mir gewünscht hätte, gemeinsam auf das Ende der Auszählung des Ergebnisses zu warten und dann den weiteren Weg im Sinne unserer Verantwortung für die Partei zu erörtern. Ich habe für mich daher abgewogen, wie ich als Kandidat mit diesem Ergebnis verantwortungsvoll umgehen kann, um das wesentliches Ziel der Kandidatur, die Partei zusammenzuführen, zu erfüllen. 
 
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es zu kurz greift, nach vielen Wochen der Debatte und des aufrechten Streitens um die richtige Sache, im Hinterzimmer nach einem vermeintlichen Konsens- oder Übergangskandidaten zu suchen. Viele Mitglieder haben sich beteiligt, ihnen nun vorwegzugreifen, weil einem das Ergebnis nicht schmeckt, widerstrebt meinem Demokratieverständnis. Nach dem Rückzug von Leni nach einem beinahe als Patt zu bezeichnenden Ergebnis habe ich daher folgende Schlüsse aus dem Ergebnis des Mitgliederentscheids gezogen:
 
  • Ich werde auf dem Landesparteitag als Landesvorsitzender kandidieren und damit mein inhaltliches und organisatorisches Angebot aufrechterhalten, mit dem ich vor einigen Wochen in diesen Prozess gegangen bin.
  • Auf eine Nominierung durch den Landesvorstand oder das Präsidium erhebe ich selbstredend keinerlei Anspruch. Der Mitgliederentscheid hat hierzu keine Klarheit gebracht und Leni Breymaier, die eine solche Nominierung durch das Ergebnis erhalten hätte, hat sich aus dem Verfahren zurückgezogen.
  • Ich werde mich dem Votum des Parteitags stellen, weil die Parteitagsdelegierten nun die Entscheidung treffen müssen, die das Mitgliedervotum nicht klar hervorgebracht hat. Dabei rufe ich auch andere Personen auf, zu kandidieren, wenn sie ein anderes Angebot machen wollen.
  • Auch bei dieser schwierigen Ausgangslage bleibe ich bei meinem zentralen Ziel, die Partei zu einen und demokratische Verfahren zu stärken. Deshalb stehe ich für keine Klüngeleien oder Absprachen im Hinterzimmer für vermeintliche Konsenskandidaten zur Verfügung. Das Wort hat jetzt der Landesparteitag.  


Unser Ziel war es, dass die SPD Baden-Württemberg aus diesem Mitgliederentscheid gestärkt hervorgeht. Auch sehr knappe Wahlergebnisse und damit schwierige Entscheidungsgrundlagen werden immer Teil von basisdemokratischen Entscheidungen sein. Wir werden daher mit diesem knappen Ergebnis und der Entscheidung von Leni Breymaier, sich zurückzuziehen, in einen Landesparteitag gehen, bei es nicht nur um den Vorsitz, sondern um das richtige Führungsteam, das richtige Arbeitsprogramm und um die richtigen Inhalte für unsere Gesellschaft geht. 

Wenn wir diesen Parteitag in Respekt und offener, fairer Debatte begehen, können wir unsere SPD Baden-Württemberg gemeinsam nach vorne richten. Dafür werde ich arbeiten, unabhängig von der Stelle, die mir der Landesparteitag dabei zuweisen wird. 
 
Euer Lars

 

Jetzt hat sich Andreas Stoch, Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag Baden-Württemberg, mit einer persönlichen Erklärung an die SPD-Miglieder gewandt:

 

Liebe Genossinnen, liebe Genossen, 

heute Nachmittag habe ich im Rahmen einer Pressekonferenz in Stuttgart erklärt, dass ich mich am Samstag beim Landesparteitag in Sindelfingen als künftiger Landesvorsitzender der SPD Baden-Württemberg zur Wahl stellen werde. In Anbetracht des äußerst knappen Ergebnisses der Mitgliederbefragung, der sich daraus ergebenden schwierigen Situation und aus Verantwortung gegenüber unserer SPD und den Mitgliedern im ganzen Land habe ich mich zu diesem Schritt entschlossen.

Daher möchte ich Euch mit diesem Schreiben meine Beweggründe erläutern:
Aus dem Ergebnis der Mitgliederbefragung, aber vor allem auch den Erfahrungen in den Gremien unserer Partei in den letzten Wochen und Monaten ergibt sich die zwingende Notwendigkeit für einen Neuanfang. Einen Neuanfang, der die Risse und Gräben in unserer Partei und das Denken und Handeln in Grüppchen und Strömungen überwindet. Nur wenn wir diese schwierige Situation gemeinsam überwinden, getragen von einer Kultur der Wertschätzung  und des gegenseitigen Respekts, werden wir wieder erfolgreich sein. Und erfolgreich sein bedeutet, Politik zu machen, die den Menschen zeigt, dass die SPD ihre Sorgen und Nöte ernst nimmt und ihre Probleme löst. 

Für diesen Neuanfang stehe ich und diesen will ich gemeinsam mit Euch schaffen! Ich habe bisher großen Wert auf meine Unabhängigkeit gelegt und gehöre keiner Strömung oder Gruppierung der Partei an. Daher richtet sich mein Angebot auch an die ganze Partei jenseits der bisher vorhandenen Lager. Ziel meiner Arbeit soll sein, allen in der Partei die Hand zu reichen und dadurch die Kraft, die wir in der Vergangenheit viel zu oft für interne Streitigkeiten aufgewendet haben, in die politische Arbeit und die Auseinandersetzung mit unseren politischen Gegnern zu investieren. Solidarität, auch im Umgang miteinander, darf nicht zur bloßen Floskel verkommen!

Und auch die Frage, warum ich erst jetzt kandidiere, möchte ich beantworten. Ich hatte ausgeschlossen, gegen die bisherige Landesvorsitzende Leni Breymaier anzutreten, weil wir in der Vergangenheit gut zusammengearbeitet haben. Aus diesem Grund bin ich nicht gegen die bisherige Landesvorsitzende angetreten, habe aber gefordert, dass sich in der Aufstellung der Landespartei dringend etwas verändern muss, damit wir eine bessere Zusammenarbeit und Verzahnung zwischen Landespartei und Landtagsfraktion hinbekommen. Nachdem die Mitgliederbefragung eine knappe Mehrheit für Leni Breymaier zum Ergebnis hatte, sie aber ihren Rückzug erklärt hat, ist nun für mich eine neue Situation entstanden, in der ich meine Kandidatur erkläre.

Die SPD muss wieder die politische Kraft im Land werden, auf die die Menschen ihre Hoffnung stützen, wenn es um eine gute Zukunft geht. In einer Zeit, in der wir eine Perspektive für alle Menschen im Land brauchen, die nicht im Fokus der grün-schwarzen Klientelpolitik der Landesregierung stehen, können wir uns interne Querelen nicht leisten. Und auch den Vereinfachern und Hetzern von rechts muss die SPD mit aller Entschiedenheit und aller Kraft entgegentreten. Für unsere Vision einer gerechten Gesellschaft!

Dies ist mein Angebot an den Parteitag. Über Eure Unterstützung freue ich mich. 
Die Sozialdemokratie in Baden-Württemberg hat eine Zukunft - ich möchte sie gemeinsam mit Euch gestalten.

Herzliche Grüße

Euer Andi